Wie im Bereich Hintergründe und Ursachen des Stotterns beschrieben, sind die Ursachen des Stotterns sind immer noch nicht geklärt. Entsprechend gibt es keine „ursächlichen“ Therapien. Es haben sich jedoch zwei Hauptrichtungen entwickelt, auf denen ein Großteil der Angebote der Stottertherapie basiert:
Fluency Shaping - Veränderung der gesamten Sprechweise. („Fluency“, engl. für Sprachbeherrschung/Redefluss, „Shaping“, engl. für Formveränderung/Gestaltung):
Bei einer auf „Fluency Shaping“ basierenden Stottertherapie erlernst Du Sprechtechniken, die Dir dabei helfen, das Auftreten von Sprechunflüssigkeiten schon im Ansatz zu verhindern. Die Techniken, wie der weiche Stimmeinsatz am Wortanfang, das Dehnen von Vokalen und das kontrollierte Atmen, werden beim Sprechen fast durchgehend angewendet und verändern so Deine gesamte Sprechweise. Zu Beginn wird das Sprechen dadurch stark verfremdet, bevor Du Dir durch regelmäßiges Üben Schritt für Schritt einen natürlicher klingenden Sprechfluss aneignest. Das Erlernen der Techniken ist vergleichsweise zeitintensiv und es kann zunächst eine große Herausforderung darstellen, sie in den Alltag zu übertragen. Ausdauer und kontinuierliches Üben können deshalb für einen langfristigen Erfolg – das flüssigere Sprechen – entscheidend sein. Stottertherapien nach der Methode „Fluency Shaping“ werden aufgrund der notwendigen längeren Lern- und Übungsphasen oft als stationäre Therapieformen angeboten.
Stottermodifikation - Veränderung des Stotterns bei auftretenden Symptomen:
Das Ziel dieser Methode ist die Veränderung der eigenen Reaktionen auf Sprechunflüssigkeiten direkt dann, wenn sie auftreten. Du lernst, in Dein Stottern einzugreifen sowie eine akute Situation, in der Stottern bei Dir auftreten kann, frühzeitig zu erkennen, mit Hilfe spezieller Techniken zu bearbeiten und somit zu mildern oder sogar den Block oder die Wiederholungen abzuwenden. Statt seiner unflüssigen Sprechweise ausgeliefert zu sein, wird Stottern beherrschbar und weniger angstbesetzt. In Ergänzung zu diesem weicheren, „fließenderem“ Stottern bestärkt Dich diese Therapiemethode im offenen Umgang mit der Sprechbehinderung, baut Sprechängste ab und stärkt obendrein das Selbstbewusstsein. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Modifikationstherapie (auch als „Nichtvermeidungsansatz“ (engl. Non-Avoidance-Therapy) oder „Blocklösetechnik“ bezeichnet), ist der Wille, sich mit seinem Stottern intensiv auseinanderzusetzen. Die Techniken der Stottermodifikation können in aller Regel gut in alltägliche Sprechsituationen übertragen werden und zu einer deutlichen Reduzierung der Stottersymptome führen, sofern man regelmäßig übt. Entwickelt wurde der Ansatz in den 1930er Jahren vom US-Amerikaner Charles Van Riper, der auch als einer der Begründer der dortigen Logopädie (speech-language pathology) gilt. „Van Riper“ wird daher häufig als Stichwort oder sogar Synonym für Therapieangebote nach der Methode der Stottermodifikation verwendet.
Mit beiden Methoden kannst Du Deinen Redefluss hörbar und nachhaltig verbessern. Welchen dieser beiden grundlegenden Therapieansätze Du verfolgen möchtest, ist Deine eigene Entscheidung. Für langfristigen Erfolg solltest Du Dich intensiv mit den Besonderheiten Deines Sprechens beschäftigen und Geduld und Ausdauer an den Tag legen, um die erlernten Techniken kontinuierlich zu üben. Auf diese Weise wappnest Du Dich bereits in Phasen großer Sprechflüssigkeit für einen möglichen Rückfall, bei dem die alten, mächtigen Sprechgewohnheiten wieder nach vorne drängen. Sollte es so weit kommen, kannst Du in schwierigen Situationen verlässlich auf die trainierten Techniken zurückgreifen.
Einzel- oder Gruppentherapie
Stottertherapien werden generell und unabhängig vom Alter des Patienten, in verschiedenen Ausprägungen angeboten. Grundsätzlich solltest Du Dir überlegen, ob Du die Therapie lieber einzeln oder in der Gruppe absolvieren möchtest. Bei den ausschließlich ambulant angebotenen Einzeltherapien genießen die Patienten das intensive Arbeiten und die vertrauensvolle Atmosphäre allein mit der Therapeutin oder dem Therapeuten.
Gruppentherapien können sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden. Gerade Kinder und Jugendliche bevorzugen die Auseinandersetzung mit ihrer Sprechstörung in dieser Form. Doch auch Erwachsene empfinden das Miteinander als Bereicherung und schätzen Möglichkeiten, die sich nur in der Gruppe bieten, wie zum Beispiel die Teilhabe am Lernfortschritt und der persönlichen Entwicklung anderer Stotternder, das gemeinsame Üben und den direkten Austausch mit anderen Betroffenen.
Ambulante Therapie
Die ambulante Stottertherapie findet in der Regel in Sitzungen ein bis zwei Mail pro Woche in einer lokalen Praxis für Logopädie oder Sprachheilpädagogik statt. Die Behandlung erfolgt integriert in den Alltag des Patienten und im gewohnten sozialen Umfeld.
Stationäre Therapie
Eine stationäre Stottertherapie wird in einem Sprachheilzentrum, einer Rehabilitationsklinik oder ähnlichen Einrichtungen abgehalten. Das Angebot der stationären Stottertherapie ist vielfältig und reicht von Intensivkursen von beispielsweise 3 – 6 Wochen Dauer bis hin zu längeren Klinikaufenthalten. Einige Intensivangebote sind zudem in so konzipiert, dass sie den Wechsel zwischen Therapie- und Übungsphasen in Intervallen beinhalten, in denen der Patient die erlernten Techniken auf seinen Alltag überträgt und ihre Anwendung trainiert.
Weiter gibt es für Kinder und Jugendliche spezielle „Sommercamps“ und Ferienkurse, die meist mehrere Wochen dauern. In Sprachheileinrichtungen werden Kinder darüber hinaus auch vor Ort unterrichtet, wenn es sich um eine Intensivstottertherapie handelt, die oftmals eine Dauer von mehreren Monaten hat.
Weiterführende Infos findest Du auf der Seite der BVSS unter diesem Link.
Die erste Anlaufstelle für Informationen und Beratung rund um das Thema Stottertherapien sind die MitarbeiterInnen der BVSS-Geschäftsstelle. Sie beantworten außerdem Deine drängendsten Fragen rund ums Stottern und schicken Dir auch gerne weiteres Infomaterial zu: info@bvss.de, Telefon: 0221 139 1106.